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Die Gründung eines Unternehmens bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Eine der zentralen Aufgaben, die oft unterschätzt wird, ist die Liquiditätsplanung. Ohne eine ausreichende Liquidität kann ein Unternehmen seine Rechnungen nicht bezahlen, was schnell zu einer Insolvenz führen kann, selbst wenn das Geschäftsmodell grundsätzlich tragfähig ist. Gerade in der Gründungsphase, wenn Einnahmen oft noch unregelmäßig oder unsicher sind, ist eine präzise und vorausschauende Liquiditätsplanung entscheidend. Dieser Artikel behandelt die Bedeutung der Liquiditätsplanung, den Prozess der Erstellung und die wichtigsten Komponenten für Gründer.
- Was versteht man unter Liquidität?
Liquidität bezeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten fristgerecht zu erfüllen. Im weiteren Sinne bedeutet dies, dass ein Unternehmen stets in der Lage sein muss, Zahlungsverpflichtungen wie Lieferantenrechnungen, Löhne, Mieten und andere laufende Kosten zu begleichen.
In der Praxis wird Liquidität oft in Form von Barmitteln (Kassenbestände, Bankguthaben) dargestellt, die kurzfristig verfügbar sind. Der Liquiditätsstatus eines Unternehmens kann anhand von Kennzahlen wie dem Liquiditätsgrad I (Barmittel zu kurzfristigen Verbindlichkeiten) oder dem Cashflow aus der operativen Tätigkeit beurteilt werden. - Warum ist die Liquiditätsplanung für Gründer besonders wichtig?
In der Existenzgründungsphase stehen Unternehmen häufig vor spezifischen finanziellen Herausforderungen - umso wichtiger ist es, dass Gründer eine detaillierte und realistische Liquiditätsplanung aufstellen, um finanzielle Engpässe zu vermeiden:
- Unregelmäßige Einnahmen: Oft ist der Umsatz in den ersten Monaten und sogar Jahren noch nicht stabil. Es dauert eine Weile, bis sich das Geschäftsmodell etabliert und die Kundschaft regelmäßig Umsätze generiert.
- Hohe Anfangsinvestitionen: In vielen Fällen müssen Gründer zu Beginn hohe Kosten tragen, etwa für Ausstattung, Waren, Marketing oder den Aufbau von Strukturen, ohne dass sofortige Einnahmen dem gegenüberstehen.
- Schwieriger Zugang zu Fremdkapital: Gründer ohne nachweisbare Geschäftshistorie oder Sicherheiten haben oft Schwierigkeiten, Kredite zu günstigen Konditionen zu erhalten.
- Fehlende Erfahrungswerte: Start-ups verfügen oft über keine oder nur wenige historische Daten, auf denen sie ihre Prognosen und Planungen basieren können.
- Der Prozess der Liquiditätsplanung
Eine umfassende Liquiditätsplanung umfasst mehrere Schritte. Dabei geht es nicht nur darum, Einnahmen und Ausgaben zu schätzen, sondern diese auch zeitlich aufeinander abzustimmen, um mögliche Engpässe frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
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- Ermittlung der Startkapitalbedarfs
Bevor die eigentliche Liquiditätsplanung beginnt, muss der Gründer den Kapitalbedarf ermitteln (diese Zahlen sind die Grundlage für die weitere Liquiditätsplanung). Dies umfasst:
- Einmalkosten: Kosten, die einmalig anfallen, etwa für die Gründung (Notargebühren, Handelsregister), Geschäftsausstattung (Büroausstattung, Maschinen), Softwarelizenzen, Eröffnungskampagnen, etc.
- Laufende Kosten: Diese umfassen alle regelmäßigen Ausgaben wie Miete, Gehälter, Versicherungen, Marketingausgaben und weitere betriebliche Kosten, die sofort oder kurz nach der Gründung anfallen.
- Einnahmeprognose
Die Prognose von Einnahmen ist besonders in der Gründungsphase schwierig, da der Gründer noch keine verlässlichen Daten hat. Daher ist es ratsam, vorsichtige Schätzungen anzustellen und verschiedene Szenarien (optimistisch, realistisch, pessimistisch) zu entwickeln. Hierbei spielen die folgenden Punkte eine Rolle:
- Zeitlicher Anlauf: Wie lange dauert es, bis erste Umsätze generiert werden?
- Wachstumsrate: Wie schnell wachsen die Einnabhmen?
- Zahlungsziele:Wann zahlen Kunden ihre Rechnung? In viele Branchen können dies 30, 60 oder sogar 90 Tage sein, was zu einer erheblichen Belastung der Liquidität führt.
- Erstellung einer Liquiditätsvorschau
Die Liquiditätsvorschau stellt die erwarteten Einnahmen den geplanten Ausgaben gegenüber. Dies geschieht idealerweise in Form eines monatlichen Cashflows über mindestens 12 Monate. Folgende Punkte sind dabei zu berücksichtigen:
- Betriebliche Ausgaben: Löhne, Gehälter, Sozialabgaben, Mietkosten, Versicherungen, Marketingausgaben etc.
- Investitionen: Einmalige oder laufende Investitionen, die notwendig sind, um das Unternehmen aufzubauen oder zu betreiben.
- Steuern und Abgaben: Auch wenn dies oft vergessen wird, sollten Gründer rechtzeitig an Steuerzahlungen wie Einkommens- und Umsatzsteuer denken.
- Kapitaldienst: Wenn Fremdkapital aufgenommen wurde, müssen Zins- und Tilgungszahlungen in die Liquiditätsplanung einfließen.
Durch diese Gegenüberstellung wird sichtbar, wann welche Zahlungen fällig werden und ob zu diesem Zeitpunkt ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Dies zeigt eventuelle Finanzierungslücken auf, die durch entsprechende Maßnahmen geschlossen werden müssen. - Szenario-Analyse
Gründer sollten immer mit verschiedenen Szenarien arbeiten:
- Best Case: Hier wird von optimalen Bedingungen ausgegangen, etwa ein schnelles Umsatzwachstum und geringe Ausgaben. Dieses Szenario hilft, die besten potenziellen Ergebnisse zu verstehen.
- Worst Case: Im Worst-Case-Szenario wird davon ausgegangen, dass die Umsätze geringer ausfallen als erwartet und unerwartete Kosten entstehen. Es ist besonders wichtig, sich mit diesem Szenario auseinanderzusetzen, da es dabei hilft, Notfallpläne zu entwickeln.
- Realistisches Szenario: Hierbei wird mit realistischen, durchschnittlichen Annahmen gearbeitet. Dieses Szenario dient als Basis für die tägliche Planung und Entscheidungsfindung.
- Ermittlung der Startkapitalbedarfs
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- Strategien zur Sicherstellung der Liquidität
Auch mit der besten Planung können Liquiditätsengpässe auftreten. Hier sind einige Strategien, die helfen können, die Liquidität sicherzustellen:
- Kurzfristige Finanzierungsoptionen
- Kontokorrentkredit: Ein Überziehungskredit für das Geschäftskonto, der kurzfristig finanzielle Engpässe überbrücken kann.
- Factoring: Beim Factoring verkauft ein Unternehmen seine Forderungen an eine Factoringgesellschaft und erhält im Gegenzug sofort Bargeld. Dies beschleunigt den Cashflow und reduziert das Risiko von Zahlungsausfällen.
- Lieferantenkredite: Durch das Aushandeln längerer Zahlungsziele mit Lieferanten kann die Liquidität des Unternehmens kurzfristig verbessert werden.
- Cashflow-Management
- Zahlungsziele verhandeln: Sowohl auf der Einnahmenseite (Kunden) als auch auf der Ausgabenseite (Lieferanten) sollte versucht werden, möglichst vorteilhafte Zahlungsbedingungen zu verhandeln.
- Debitorenmanagement: Ein effizientes Forderungsmanagement stellt sicher, dass Kunden ihre Rechnungen pünktlich bezahlen. Mahnprozesse sollten automatisiert und klar definiert sein.
- Kostenkontrolle: Eine enge Überwachung der Kosten hilft, unnötige Ausgaben zu vermeiden und sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht über seine Verhältnisse lebt.
- Kapitalerhöhungen
Falls sich zeigt, dass die Liquidität dauerhaft zu knapp ist, sollten Gründer darüber nachdenken, weiteres Kapital zu beschaffen. Dies kann erfolgen über:
- Eigenkapitalerhöhungen (z.B. durch Investoren)
- Crowdfunding oder Crowdinvesting
- Staatliche Förderprogramme oder Zuschüsse
- Kurzfristige Finanzierungsoptionen
- Typische Fehler in der Liquiditätsplanung
Viele Gründer machen in der Liquiditätsplanung gravierende Fehler, die in der Folge zur Insolvenz führen können. Zu den häufigsten gehören:
- Zu optimistische Einnahmeprognosen: Zu hohe Erwartungen an den Umsatz führen dazu, dass Ausgaben zu früh getätigt werden.
- Fehlende Berücksichtigung von Steuern: Oftmals werden Steuerzahlungen nicht in die Planung einbezogen, was zu Engpässen führt, wenn plötzlich hohe Steuerforderungen fällig werden.
- Unterschätzung von Zahlungszielen: Lange Zahlungsziele von Kunden führen zu einem verzögerten Mittelzufluss, während die Ausgaben kontinuierlich anfallen.
- Mangelnde Szenarienplanung: Ohne Worst-Case-Szenarien können finanzielle Probleme schnell überraschend auftreten, ohne dass ein Plan B vorhanden ist.
Fazit
Eine solide Liquiditätsplanung ist das Rückgrat jeder erfolgreichen Existenzgründung. Sie hilft nicht nur, kurzfristige Zahlungsfähigkeit zu sichern, sondern auch langfristig das Wachstum des Unternehmens zu steuern. Gründer müssen ihre Liquidität sorgfältig planen, mögliche Engpässe frühzeitig erkennen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um das finanzielle Überleben ihres Unternehmens sicherzustellen. Mit einer gründlichen Planung und einer vorausschauenden Vorgehensweise können Liquiditätsengpässe vermieden und der Grundstein für den langfristigen Erfolg gelegt werden.