Wissens-ABC
Das klassische Bankdarlehen, häufig in Verbindung mit einem Kontokorrentrahmen, ist auch heute noch das gängige Instrument der Fremdfinanzierung. Jedoch kann es sowohl für Existenzgründer als auch für langjährige Unternehmer sinnvoll sein, sich für eine geplante Investition nach alternativen Finanzierungsformen umzuschauen.
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Der zu finanzierende Kapitalbedarf aus Sachinvestitionen und Betriebsmitteln entsteht in der Regel dadurch, dass eine Investitions(-ausgabe) der Einnahme aus dieser Investition zeitlich vorgelagert ist. Diese zeitlich bedingte finanzielle Lücke gilt es mit entsprechenden Finanzierungmitteln aus unterschiedlichen Quellen zu stopfen. Und dies wenn möglich optimal hinsichtlich Kosten und Ertrag.
Alternative 1 - Kundenanzahlung
Bei einer Kundenanzahlung (auch Abschlagszahlung oder Vorauszahlung genannt) leistet der Kunde dem Unternehmen eine Zahlung vor Erhalt der vertraglich vereinbarten Lieferung oder Leistung. Kundenanzahlungen sind gerade in der Auftragsfertigung üblich, wie sie im Handwerk häufig vorkommt. Anzahlungen stellen für das Unternehmen eine Finanzierungshilfe dar, da mit diesem Geld die notwendigen Materialen für den Kundenauftrag bestellt und beim Lieferanten bereits bezahlt werden können. Kundenanzahlungen stellen somit kurzfristig eine interessante Finanzierungsform dar, die der Sicherung der Liquidität dient. Jedoch hängt es von der Branche und der Stellung des Unternehmens ab, ob die Kunden bereit sind, eine Anzahlung zu leisten.
Alternative 2 - Lieferantenkredit
Der Lieferant räumt dem Unternehmen ein sogenanntes Zahlungsziel ein, d.h. die Rechnung wird nicht sofort nach Erhalt fällig. Häufig wird bei Rechnungsbegleichung vor dem genannten Zahlungsziel ein Preisnachlass in Form von Skonto eingeräumt. Der Vorteil des Lieferantenkredits besteht darin, den Zeitraum zwischen der Beschaffung einer Ware vom Lieferanten und der Rechnungstellung beim Kunden zu überbrücken. Jedoch ist dieses kurzfristige Instrument bei ungenutztem Skonto vergleichsweise teuer.
Alternative 3 - Mikrokreditfonds Deutschland
Mit dem Mikrokreditfonds Deutschland möchte die Bundesregierung für Kleinstunternehmen und Gründungen den Zugang zu Kapital verbessern. Die Hauptaufgabe des Mikrokreditfonds ist dabei aber nicht die direkte Vergabe von Mikrokrediten, sondern die Bereitstellung von Kapital für die Mikrofinanzinstitute, die die eigentliche Kreditvergabe tätigen. Unter folgedndem Link erhalten Sie eine Übersicht der akkreditierten Mikrofinanzinstitute.
Mikrokredite haben kurze Laufzeiten von wenigen Monaten (zur Vorfinanzierung von Aufträgen und Erstattungen) bis zu maximal drei Jahren (zur Finanzierung von Investitionen). Die Kreditaufnahme soll möglichst in kleinen Schritten erfolgen: Je nach Situation kann der erste Kreditschritt beispielsweise 1.000 Euro, 5.000 Euro oder 10.000 Euro betragen. Nach erfolgreichen Rückzahlungen sind Erhöhungen auf bis zu 20.000 Euro möglich. Die Zinsen sind höher als bei einem klassischen Bankdarlehen. In der Regel verlangen die Mikrofinanzinstitute Referenzen aus dem persönlichen und geschäftlichen Umfeld der Kreditnehmer/innen, oft unterlegt durch kleine Bürgschaften, auch aus dem privaten Umfeld.
Alternative 4 - Leasing
Unter Leasing versteht man die Vermietung von beweglichen und unbeweglichen Anlagegenständen durch Finanzierungsinstitute (Leasing-Gesellschaften) oder durch die Hersteller der Güter. Die Vermietung erfolgt gegen eine Nutzungsrate, die sogenannte Leasinggebühr. Der Unternehmer (Leasingnehmer) ist berechtigt, den geleasten Gegenstand vertragsgemäß zu nutzen und kann ihn am Ende der Laufzeit entweder zurückgeben, zum Restwert kaufen oder die Leasingzeit verlängern.
Der Vorteil des Leasing besteht in der Schonung der Liquidität, da der Gegenstand nicht zum vollen Kaufpreis erworben wird, sondern sich die Zahlungen auf die Nutzungsdauer verteilen. Somit kann Eigenkapital für andere Zwecke eingesetzt werden. Weiterhin sind die monatlichen Leasinggebühren als Betriebsausgaben vollständig absetzbar. Die Leasingobjekte werden in der Regel nicht in das Anlagevermögen des Unternehmens eingebracht. Mit Blick auf die Gesamtlaufzeit liegt die Summe der Leasinggebühren höher als der einmalige Kaufpreis. Auf der anderen Seite jedoch stellt Leasing ein interessantes Finanzierungsinstrument dar, sofern es darum geht, stets die neueste Technik zu verwenden.
Alternative 5 - Factoring
Beim Factoring kauft ein Kreditinstitut, die sogenannte Factoring-Gesellschaft, offene Kundenforderungen eines Unternehmens an. Das Zahlungsausfallrisiko geht somit an die Factoring-Gesellschaft über. Es kann auch die gesamte Debitorenbuchhaltung (also inklusive Inkasso- und Mahnwesen) übertragen werden.
Durch das Factoring verbessert das Unternehmen seine Liquidität und reduziert den Aufwand in der Buchhaltung. Die Factoring-Gesellschaft erhebt eine Gebühr für die Tätigkeit (in der Regel zwischen 2 und 4 Prozent des Jahresumsatzes). Weiterhin ist zu beachten, dass manche Kreditinstitute das Factoring für einige Branchen ausschließen (z.B. für das Bauwesen) und in der Regel eine Mindestumsatzgröße von ihren Kunden erwarten.
Alternative 6 - Crowdfunding
Crowdfunding wird im Deutschen auch als Schwarmfinanzierung bezeichnet und beschreibt eine vergleichsweise neuartige Form der Finanzierung. Hierbei stellt der Unternehmer seinen Finanzierungswunsch über die sozialen Medien wie Facebook und Twitter oder auf entsprechenden Plattformen im Internet vor und versucht dadurch, potenzielle Investoren für sich zu gewinnen. In der Regel handelt es sich nicht um einen Geldgeber, der einen großen Kapitalbetrag zur Verfügung stellt, sondern um viele Kapitalgeber, von denen jeder nur einen kleinen Betrag bereitstellt. Jedem Kapitalgeber ist freigestellt an welchem Projekt er sich beteiligt und in der Regel auch mit welchem Einsatz und welche Zinsen er für seinen Kapitaleinsatz erhebt. Innerhalb dieser Finanzierungsform unterscheidet man zwischen „Crowdlending“, bei dem es sich um Fremdkapital handelt, und „Crowdinvesting“, was in der Umsetzung einer stillen Beteiligung gleichkommt und somit Eigenkapitalcharakter genießt.
Alternative 7 - Mezzanine-Kapital
Die Mezzanine-Finanzierung gilt als eine Mischform zwischen der Eigen- und Fremdfinanzierung. Hierbei handelt es sich um nachrangiges Kapital, das bilanziell als Eigenkapital anerkannt wird. Bei dieser Finanzierungsform haben sich verschiedene Modelle herausgebildet, so z.B. die stille Beteiligung, Genussscheine oder Nachrangdarlehen. Der Kapitalgeber trägt hier ein höheres Risiko, da in der Regel keine Sicherheiten hinterlegt werden. Dafür wird in der Regel eine feste Verzinsung gekoppelt an den Wertzuwachs des Unternehmens vereinbart. Beispielsweise hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Mikomezzaninfonds-Deutschland aufgelegt, wobei die Antragstellung über die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft in dem Bundesland erfolgt, in dem die Investition geplant ist. Für Baden-Württemberg ist dies die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft MBG, eine Tochter der Bürgschaftsbank. Die Förderung erfolgt als typisch stille Beteiligung.
Wer wird gefördert?
ExistenzgründerInnen, junge Unternehmen aus allen Branchen nach KMU-Kriterien.
Was wird gefördert?
Mitfinanzierung der im Rahmen mit der Existenzgründung bzw. Existenzfestigung (bis 3 Jahre) entstehenden Kosten, Investitionen und Betriebsmittel.
Wie wird gefördert?
Stille Beteiligungen von 25.000 Euro bis 250.000 Euro (im Einzelfall darüber). Laufzeit 10 Jahre, vorzeitige Rückzahlung gegen Agio möglich.
Beteiligungsvergütung:
Jahr 1-3: Festvergütung: 4,5 % p. a. zzgl. 2,0 % p. a. gewinnabhängig
Jahr 4-6: Festvergütung: 5,5 % p. a. zzgl. 2,0 % p. a. gewinnabhängig
Ab Jahr 7: Festvergütung: 6,5 % p. a. zzgl. 2,0 % p. a. gewinnabhängig
Stand 01.06.2014 (Vergütungen jeweils vom Beteiligungsbetrag)
Bearbeitungsgebühr: 1 Prozent der genehmigten Beteiligung (bei gleichzeitiger Verbürgung eines Kredites 0,75 Prozent)
Alternative 8 - Mitarbeiterbeteiligung
Bei dieser Finanzierungsform stellen Mitarbeiter dem arbeitgebenden Unternehmen dauerhaft oder zeitlich befristet Kapital zur Verfügung. Dies kann beispielsweise über Mitarbeiterdarlehen, eine stille Beteiligung oder den Erwerb von GmbH-Anteilen realisiert werden. Für die Bereitstellung des Kapitals erhalten die Mitarbeiter eine Verzinsung und/oder werden am Unternehmensergebnis beteiligt.
Alternative 9 - Venture Capital
Venture Capital wird im Deutschen auch als Risiko- oder Wagniskapital bezeichnet. Diese Finanzierungsform ist in erster Linie auf junge, wachstumsorientierte und innovative Unternehmen aus der Technologiebranche ausgerichtet. In der Regel können die Existenzgründer hierbei nicht genügend Eigenkapital oder Sicherheiten zur Verfügung stellen, sodass eine klassische Bankfinanzierung scheitern könnte. Beim Venture Capital fungieren Unternehmen, sogenannte Venture-Capital Gesellschaften, als Investoren und bringen zumeist auch Ihr unternehmerisches Know-how unterstützend mit ein. Die Ambition der Investoren liegt weniger daran, das eingebrachte Kapital zu verzinsen, sondern nach erfolgter Markteinführung der neuen Produkte über den Verkauf der Geschäftsanteile Gewinne zu erzielen.
Quelle Text: HWK Freiburg, November 2015 - mit freundlicher Unterstützung der HWk Koblenz