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Wissens-ABC

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Ein vergleichsweise leichter und dennoch erfolgsversprechender Weg in die Selbständigkeit kann die nebenberufliche Selbständigkeit sein. Nebenberuflich muss dabei nicht bedeuten, dass für die Selbständigkeit im Nebenerwerb ein Hauptberuf vorausgesetzt wird. Man kann auch selbständig im Nebenerwerb sein, wenn man (nicht) sozialversicherungspflichtig beschäftigt, arbeitslos und Sozialleistungen bekommt, Hausmann oder Hausfrau sowie Schüler oder Student ist.

Die Selbständigkeit im Nebenerwerb bietet somit vielen die Möglichkeit, unkompliziert, unbürokratisch und ohne Erfolgsdruck erste Erfahrungen als Selbständige/r zu sammeln, die eigene Geschäftsidee am Markt zu testen, sein eigenes Business nachhaltig aufzubauen, sich beruflich selbst zu verwirklichen oder sich ein (kleines) Zubrot zu verdienen.

Dabei bietet die Selbständigkeit im Nebenerwerb zahlreiche Vorteile gegenüber der Selbständigkeit im Nebenerwerb, die nachfolgend kurz dargestellt werden sollen:

Keine unterjährige (quartalsweise) Veranlagung zur Einkommenssteuer aus nebenberuflichen Einkünften; eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung im Rahmen der Einkommenssteuererklärung reicht in vielen Fällen aus

  • Keine Sozialversicherungspflicht auf nebenberufliche Einkünfte (außer bei zulassungspflichtigen Handwerken: da besteht weiterhin Rentenversicherungspflicht bei monatlichen Einkünften ab 450 € [Stand: 09/2022])
  • Möglichkeit zur Befreiung von der Umsatzsteuer bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung; dadurch nur jährliche Umsatzsteuererklärung notwendig, keine monatliche Umsatzsteuererklärung
  • Möglichkeit, in der Familienversicherung des Partners zu bleiben und trotzdem nebenberufliche Einkünfte zu erzielen, sofern die Einkünfte 470 Euro [Stand: 09/2022] nicht übersteigen
  • Teilweise Freistellung

 

Inwieweit diese Vorteile der Selbständigkeit im Nebenerwerb in Anspruch genommen werden können und für Sie gelten, muss vorab immer individuell geprüft werden. Maßgeblich ist dabei der sozialversicherungsrechtliche Status (bspw. sind Sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt, Student oder arbeitslos?). Danach richten sich auch die Bedingungen, die an den jeweiligen Status gebunden und zu erfüllen sind.

Nachfolgend sollen noch einige Besonderheiten der Selbständigkeit im Nebenerwerb aufgezeigt werden. Dabei wird auch Bezug auf oben genannte Punkte genommen, ohne diese jedoch vollständig und im Detail fallbezogen aufzugreifen. Bitte lassen Sie sich bei Fragen zur Selbständigkeit im Nebenerwerb von den Beratern Ihrer Kammer fachkundig beraten.

Gründung im Nebenerwerb

Hinsichtlich der Anmeldung eines Gewerbes unterscheidet sich die Selbständigkeit im Nebenerwerb nicht wesentlich von der Selbständigkeit im Vollerwerb. In beiden Fällen ist eine Gewerbeanmeldung mit anschließender Eintragung bei der Handwerkskammer Voraussetzung. Hierbei wird geprüft, ob für das anzumeldende Handwerk entsprechende Zulassungsvoraussetzungen bestehen und ob diese erfüllt werden.

Kleinunternehmerregelung

Auf die Umsätze aus gewerblicher Tätigkeit ist in der Regel Umsatzsteuer zu erheben. Für Kleinunternehmen und hier insbesondere für Selbständige im Nebenerwerb, gibt es aber besondere Regelungen.

Wenn ein Unternehmen bestimmte Umsatzgrenzen unterschreitet, aktuell 22.000€ im Jahr, kann dieses die umsatzsteuerliche Sonderregelung 'Kleinunternehmer nach § 19 UstG' in Anspruch nehmen. Folge: Der Unternehmer muss auf seine Lieferungen und Leistungen keine Umsatzsteuer aufschlagen, darf im Gegenzug jedoch die an Ihn in Rechnung gestellte Vorsteuer nicht abziehen.

Weitere Konsequenz: Es muss keine (monatliche) Umsatzsteuer-Voranmeldung erstellt werden und es darf in den Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Die Steuerbefreiung ist beim zuständigen Finanzamt zu beantragen. Diese gilt unter Einbehaltung der Umsatzgrenze jeweils fünf Jahre.

Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten

Bei den Buchhaltungs- und Aufzeichnungspflichten gelten die gesetzlichen Vorschriften. Kleinunternehmen, deren Umsatz 600.000 Euro nicht übersteigt und deren Gewinn 60.000 Euro unterschreitet, können jedoch auf die aufwändige Bilanzierung verzichten und stattdessen die Einnahmen-Überschuss-Rechnung anwenden. Diese ist bei Selbständigen im Nebenerwerb i.d.R. im Rahmen der Einkommensteuererklärung abzugeben.

Betriebliche Versicherungen

Auch im Nebenerwerb sollten drohende Risiken über geeignete betriebliche Versicherungen abgedeckt sein. Welche Versicherungen sinnvoll sind, hängt i.d.R. von Branche und Risiko ab. Empfehlenswert ist in der Regel der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Angebote und Preisvergleiche können über die private Versicherungswirtschaft eingeholt werden. Einige Versicherer gewähren im Nebenerwerb attraktive Sonderkonditionen.

Anzeige der nebenberuflichen Selbständigkeit beim Arbeitgeber

Um eventuelle arbeitsrechtliche Konsequenzen beim (Haupt-) Arbeitgeber zu vermeiden, ist man verpflichtet, die Nebenerwerbsselbständigkeit beim Arbeitgeber anzeigen. Sofern man im gleichen Berufszweig tätig ist, ist eine Genehmigung des Arbeitgebers erforderlich. Diese sollte man sich nach Möglichkeit schriftlich bestätigen lassen.

Sozialversicherungspflicht als haupt- oder nebenberuflich Selbständige/r

Selbständige müssen in der Regel ihre Kranken-, Renten, Pflegeversicherung selbst bestreiten. Inwieweit dies auch auf Nebenerwerbs- bzw. Kleinunternehmen zutrifft, entscheidet die Krankenversicherung. Sie stellt fest, ob die selbständige Tätigkeit als neben- oder hauptberuflich einzustufen ist. Informieren Sie Ihre Krankenversicherung daher auf jeden Fall vor der Gründung, denn gegebenenfalls ändert sich durch die Existenzgründung die Höhe Ihrer Beiträge. Als Richtschnur gilt:

Eine selbständige Tätigkeit ist hauptberuflich,

  • wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung (Höhe des Einkommens) und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt Ihrer Erwerbstätigkeit darstellt
  • wenn Sie mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen oder
  • wenn Sie mehrere geringfügig entlohnte Arbeitnehmer beschäftigen, deren Arbeitsentgelte zusammen die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro im Monat überschreiten.

 

Beschäftigung von Mitarbeitern

In einem im Nebenerwerb geführten Betrieb können in der Regel nur Minijobber beschäftigt werden. Werden regelmäßig / fortlaufend Teilzeit- oder Vollzeit-Mitarbeiter beschäftigt, ist nicht mehr von einem Nebenerwerbsbetrieb auszugehen. Die Erleichterungen und Vorteile v.a. in Bezug auf die Sozialversicherung des Unternehmers entfallen.
Für die Beschäftigung von Minijobbern gilt eine Meldepflicht bei der Minijob-Zentrale als zuständige Einzugsstelle. Außerdem besteht auch eine Melde- und Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung. In einigen Branchen existieren auch sogenannte Zusatzversorgungskassen (z.B. Soka-Bau etc.) für die Beiträge für die Mitarbeiter zu entrichten sind.

Familienversicherung bei Selbständigen im Nebenerwerb

In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist der Versicherungsschutz von Familienangehörigen (Ehegatte, Lebenspartner und Kinder) eines versicherten Mitglieds als eigene Versicherungsform ausgestaltet: Als Folge des Solidaritätsprinzips sind die Familienangehörigen unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei mitversichert.
Wenn ein mitversichertes Familienmitglied regelmäßige Einkünfte von monatlich unter 470 € [Stand 09/2022] hat, ist eine Familienversicherung möglich. Eine Voraussetzung für die Familienversicherung des Familienangehörigen ist, dass Sie nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Es wird somit geprüft, ob man mit der Tätigkeit hauptberuflich selbständig erwerbstätig wird. Hierzu sind zwei Faktoren zu prüfen: Selbständigkeit und Hauptberuflichkeit.
Hauptberuflich ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gibt und damit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt.
Eine verbindliche Entscheidung kann nur durch die zuständige Krankenkasse durch Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse erfolgen. Deshalb ist es ratsam, sich mit der Krankenversicherung in Verbindung zu setzen, die eine Bewertung Ihres Versicherungsstatus durchführt.

 

Fazit:

Die Selbständigkeit im Nebenerwerb bietet zahlreiche Vorzüge für einen vereinfachten Start in die Selbständigkeit. Ob man diese Vorzüge für sich in Anspruch nehmen kann und welche Bedingungen dabei gelten, sollte vor der Gründung geprüft werden. Die oben genannten und stark verkürzten Inhalte können keine fachkundige und auf Ihre Bedürfnisse ausgerichtete Beratung ersetzen. Für eine kostenfreie Orientierungsberatung zum Thema Selbständigkeit im Nebenerwerb stehen Ihnen die jeweiligen Berater der Handwerkskammern gerne unterstützend zur Seite. Abschließende Fragen sollten mit dem Sozialversicherungsträger oder einem Steuerberater verbindlich geklärt werden.

 

 Text: Handwerkskammer Reutlingen

 

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