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Allein unter Streichinstrumenten

© Julia Alber, HWK Region Stuttgart

Die Begeisterung und die Ängste kommen in Wellen.

Da ist die große Freude an der Arbeit und die Spannung – wie wird sie klingen? Und dann ist da die Angst, es könnte keine Arbeit reinkommen oder zu viel davon für einen Einzelkämpfer wie ihn. Seit einem Jahr steht der Geigenbauer Robert Stepp als Soloselbstständiger seinen Mann. In der Landhausstraße 111 in Stuttgart hat er einen Betrieb übernommen. Mithin ist er dahin zurückgekehrt, wo er einst vor Jahren startete.

In Stuttgart geboren, zog es Robert Stepp nach dem Abitur zuerst zum Cello Studium nach Freiburg. Es folgte die Einsicht, dass eine Orchesterkarriere nicht der Traumberuf für ihn ist und die Erkenntnis: als Geigenbauer lassen sich seine Begeisterung für Musik und das Cello bestens kombinieren. Sein Faible für Holz hatte ihn tatsächlich auch einmal an eine Tischlerlehre denken lassen, und als Schüler hatte er einst tatsächlich ein Cello selbst gebaut.

An einer Geigenbauschule in England hat Robert Stepp zusammen mit Mitschülerinnen und Mitschülern aller Nationen die Kunst erlernt, in Handarbeit klangvolle Musikinstrumente zu bauen. „Es waren tolle drei Jahre", erinnert er sich: „In der Freizeit arbeitete man an seiner Werkbank zu Hause weiter." Die Schulzeit hat zusammengeschweißt, der Kontakt ist geblieben. Gerade erst hat ihm ein einstiger Mitschüler aus Barcelona ein Cello zum Verkauf mitgebracht.

Hier sehen Sie Robert Stepp bei der Arbeit.

Dass es in Richtung Selbstständigkeit gehen wird, war für Robert Stepp früh klar.

Er hat deshalb auch jede Gelegenheit genutzt, um in verschiedenen Werkstätten, von Hamburg bis Paris, sein Wissen zu vergrößern. In Frankfurt wollte er sich dann eigentlich selbstständig machen und durchstarten. Ein Gründerstipendium lag vor, dann kam Corona. „Die Unsicherheit war groß, habe ich doch eine kleine Familie zu versorgen", erzählt Robert Stepp und fügt an, dass er daher auch nicht lange überlegen musste, als die Anfrage kam, ob er in Stuttgart einen Betrieb übernehmen wolle.

Als Selbstständiger muss er nun lernen, die Tage nicht zu ernst zu nehmen, die Dinge gelassener zu sehen. Jeder Tag ist anders, wartet mit neuen Überraschungen auf. Seine Vorgängerin hatte sich nämlich nicht auf den Neubau von Instrumenten spezialisiert, sondern auf Restaurierungen, Reparaturen, das Neubespannen von Bögen, und neben dem Verkauf von Instrumenten bot sie auch Mietinstrumente an. Für ihren Nachfolger heißt das: Dazulernen und schauen, wie bei all der anderen Arbeit die Zeit für den Bau von zwei bis drei Streichinstrumenten im Jahr bleibt. Rund 220 Stunden rechnet er für eine Geige oder Bratsche, die doppelte Zeit wird für ein Cello benötigt. „Holz dafür ist auf jeden Fall genügend da", schwärmt Stepp von den bis zu 80 Jahre alten Schätzen, die bei ihm lagern.

Seit Oktober 2021 ist Robert Stepp Soloselbstständiger aber nicht Solokämpfer

Seine Vorgängerin steht ihm als Mentorin zur Verfügung und hilft, wie auch einige Freunde, wenn es mal eng hergeht. „Es ist durchaus schön, mit anderen zusammenzuarbeiten", sagt Stepp. Eine Arbeitskooperation mit Kollegen kann er sich gut vorstellen, und eine Praktikantin aus Belgien war genau im richtigen Moment da: „Sie hat mir toll geholfen, es kam gerade sehr viel Arbeit rein. Und es war spannend, als Chef zu fungieren." Aktuell mag Stepp jedoch an Mitarbeiter nicht denken. Die Zeit ist ihm zu unsicher, die Pandemie noch immer präsent. Als frisches Start-up hat er keine Corona-Hilfe bekommen, da er ja keinen Verdienst vor der Pandemie nachweisen konnte.

Vor der Betriebsübernahme hat sich Robert Stepp mit einem Berater zusammengesetzt, der ihm schon beim Businessplan für seine Betriebsgründung in Frankfurt geholfen hatte. Alles wurde genau durchgerechnet und kalkuliert. Rat holte er sich auch bei der Handwerkskammer ein, und er konnte auf die Erfahrungen seiner Vorgängerin setzen – wie auch jetzt noch.

„Das Schöne am Geigenbauerhandwerk ist der Kontakt zur Musik und den Musikern", schwärmt Robert Stepp. Wenn er Musikerinnen und Musikern dabei helfen kann, Probleme aller Art mit ihren Instrumenten zu meistern, freut ihn das. Besonders schön ist es für den Geigenbauer natürlich, wenn er ein Instrument verkaufen kann, das er selber gebaut hat. Jeder Tag hält Neues für den Soloselbstständigen bereit, immer wieder ist es für ihn spannend, was ihn in seiner Werkstatt erwartet. Je nach Wetterlage kann er plötzlich sehr gefragt sein, wenn sich das Holz der Streichinstrumente leicht verändert und diese ihren gewohnten Klang vermissen lassen.

Wenn er sich einen festen Kundenstamm aufgebaut hat, der ihm Sicherheit gibt, will Robert Stepp auch selber wieder musizieren, vielleicht in einem Amateur-Orchester mitspielen. Und wenn dann da ein Instrument Probleme macht oder fehlt – kein Problem. Der Fachmann ist ja da.

 


Infos über den Betrieb gibt es online unter https://stepp-geigenbau.de/  Neben Restaurierungen, Reparaturen oder dem Verkauf von Instrumenten stellt Robert Stepp jährlich zwei bis drei Streichinstrumente in Handarbeit her. Rund 220 Arbeitsstunden nimmt eine neue Geige in Anspruch.

Bei Fragen zur Betriebsgründung hilft das Starter-Center Ihrer zuständigen Handwerkskammer weiter.

Gelingender Sprung in die Selbstständigkeit

Das Starter-Center der Handwerkskammer Region Stuttgart bietet Gründerinnen und Gründern im Handwerk wie auch all jenen, die sich für eine Betriebsübernahme entscheiden, individuell und kostenfrei Hilfe auf dem Weg in die Selbstständigkeit an, von der Planung bis hin zur endgültigen Gründung beziehungsweise Übernahme.

 

Copyright: Handwerkskammer Region Stuttgart

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