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Wissens-ABC

 

Die eigene Firma, der eigene Chef sein oder gar eine vielversprechende Geschäftsidee umsetzen: Wer träumt nicht vom eigenen Unternehmen? Wenn da nur die Risiken nicht wären. Wer nicht gleich alles auf eine Karte setzen möchte, für den bietet sich eine nebenberufliche Selbständigkeit an. Die Selbständigkeit neben dem Hauptberuf aufzunehmen, ist für viele Existenzgründer eine gute Alternative. Mehr als die Hälfte aller Existenzgründer startet inzwischen im Nebenerwerb und nutzt damit die Chance auf ein eigenes Unternehmen bei überschaubarem finanziellen Risiko. Die Hauptbeschäftigung sorgt weiter für ein sicheres Einkommen und sichert damit die Existenz und hilft darüber hinaus über die Anlaufphase der Selbständigkeit hinweg.

Was bedeutet Nebenerwerb?

Eine Selbständigkeit gilt als nebenberuflich, wenn sie zusätzlich zu einem Hauptberuf ausgeübt wird und aus wirtschaftlicher als auch zeitlicher Sicht, eine geringere Bedeutung hat. Ohne erste Erwerbstätigkeit (Hausfrau, Rentner etc.) kann die Selbständigkeit als nebenberuflich gelten, wenn die Tätigkeit in Teilzeit ausgeübt wird und das Einkommen nicht die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhaltes darstellt.

Vorteile:

  • geringeres Risiko durch Testen der Geschäftsidee bei gleichzeitiger Sicherung des Lebensunterhaltes
  • meist geringerer Kapitalbedarf
  • unter Umständen keine bzw. geringere Sozialversicherungskosten im Nebenerwerb
  • Aufbau eines zweiten Standbeins
  • Aufbesserung des Einkommens
  • Erwerb unternehmerischer Erfahrung und Know-how
  • eigene Eignung als Unternehmer prüfen
  • bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

 

Nachteile:

  • Doppel- bzw. Mehrfachbelastung für den Selbstständigen und dessen Familie und Freunde
  • wenig Freizeit und Erholungszeiten
  • Eignung nur für Vorhaben mit geringem, überschaubarem Kapitalbedarf
  • Ausbau und Ausweitung der Geschäftstätigkeit durch geringe Zeit nur begrenzt möglich

 

Was muss beachtet werden?

Damit die Selbständigkeit keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich zieht, müssen Arbeitnehmer ihre Selbständigkeit je nach Lage des Einzelfalls dem Arbeitgeber anzeigen oder gar genehmigen lassen. Möglicherweise enthält der Arbeitsvertrag weitere Einschränkungen.
Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers selbst darf durch die Selbständigkeit nicht beeinträchtigt werden und zusätzlich darf die Selbständigkeit keine Konkurrenz zum Arbeitgeber darstellen.

Formalitäten und rechtliche Aspekte

Auch bei einer Gründung im Nebenerwerb gilt es Einiges zu beachten, denn die nebenberufliche Selbständigkeit unterliegt grundsätzlich denselben gesetzlichen Spielregeln wie der Haupterwerb.

Anmeldung

Wird ein Handwerksbetrieb gegründet, so muss dieser auch im Nebenerwerb auf dem Gewerbeamt angemeldet werden. Notwendig ist außerdem die Eintragung in die Handwerksrolle bzw. ins Handwerksverzeichnis. Zu beachten ist, dass auch im Nebenerwerb dieselbe fachliche Qualifikation vorliegen muss wie im Haupterwerb. Für die Selbständigkeit in einem meisterpflichtigen Handwerk ist also die Meisterqualifikation oder eine vergleichbare Qualifikation zwingend notwendig.

Steuern

Was die Anmeldung des Gewerbes beim Finanzamt und die steuerlichen Rechte und Pflichten anbelangt, gibt es grundsätzlich keinen Unterschied zwischen einer Gründung im Voll- oder Nebenerwerb.

Besonderheiten resultieren dabei regelmäßig aus den verschiedenen Steuerarten. Zu unterscheiden sind zunächst die Ertragssteuern, die auf einen Gewinn erhoben werden. Im Gegensatz dazu gibt es die Umsatzsteuer, die einzig und allein am Leistungsaustausch hängt. Das bedeutet: Umsatzsteuer kann auch anfallen, wenn der Betrieb nur Verluste erwirtschaftet, während Ertragssteuer nur anfällt, wenn ein Gewinn erzielt wird.

Ertragsbesteuerung

Gewinne aus der nebenberuflichen Selbständigkeit sind neben den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu versteuern und unterliegen damit den Ertragssteuern (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, ggf. Kirchensteuer). Die Besteuerung erfolgt nach dem persönlichen Einkommensteuersatz.
Sofern eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird, unterliegt das Einkommen aus nebenberuflicher Selbständigkeit zudem der Gewerbesteuerpflicht. Diese ist jedoch bei Einzelunternehmen mit einem Freibetrag von 24.500 Euro für nebenberufliche Selbständige in der Regel unwesentlich.

Umsatzsteuer

Wird eine Lieferung und Leistung gegen Entgelt ausgeführt, unterliegt diese regelmäßig der Umsatzsteuer (Regelbesteuerung).
Bis zu einem Jahresumsatz von 17.500 Euro besteht die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung in Anspruch zu nehmen, die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung nach §17 UStG.

Sozialversicherung

Viele nebenberuflich Selbständige gehen davon aus, dass sie über ihr Arbeitsverhältnis versichert sind und keine zusätzlichen Beiträge anfallen. Obwohl das in vielen Fällen zutrifft, muss das nicht automatisch so sein.

Krankenversicherung

Neben einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bleibt alles beim Alten, wenn die Selbständigkeit per Definition der Krankenkasse als „nebenberuflich" einzustufen ist. Das ist dann der Fall, wenn die selbstständige Nebentätigkeit zeitlich und wirtschaftlich hinter dem Arbeitsverhältnis zurückbleibt.

Von einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit spricht man, wenn diese von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt.
Da es jedoch keine gesetzliche Definition für Haupt- oder Nebenerwerb gibt, ist von den Krankenkassen stets eine Gesamtschau vorzunehmen.

Nehmen Sie in jedem Fall vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit Kontakt mit Ihrer Krankenkasse auf und klären Sie eine eventuelle Beitragspflicht.
Wichtig: Die Einstellung von Mitarbeitern kann Auswirkungen auf die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung haben.

Tipp: Bei nebenberuflich Selbständigen mit max. 445 Euro (2019) durchschnittlichem monatlichen Gewinn, deren Ehegatte Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse ist, besteht ggf. die Möglichkeit der kostenfreien Mitversicherung in der Familienversicherung.

Rentenversicherung

Nebenberuflich Selbständige im meisterpflichtigen Handwerk sind rentenversicherungspflichtig, wenn ihre monatliche Einkünfte aus selbständiger Arbeit 450 Euro übersteigen.
Im zulassungsfreien Handwerk besteht dagegen keine Rentenversicherungspflicht.

Betriebliche Risikovorsorge

Für Sach-, Vermögens- und Personenschäden Dritter, die durch die nebenberufliche Selbständigkeit verursacht wird, schützt eine Betriebshaftpflichtversicherung.

Mitarbeiter

Die Einstellung von Mitarbeitern ist grundsätzlich möglich. Zu beachten ist jedoch, dass dies ggf. Auswirkungen auf den eigenen Krankenversicherungsstatus nach sich ziehen kann.

Kapitalbedarf und Finanzierung

Der Kapitalbedarf sollte bei Existenzgründungen im Nebenerwerb möglichst gering gehalten und idealerweise über Eigenkapital abgedeckt werden.

Auch für Nebenerwerbsgründungen, die mittelfristig geeignet sind zum Haupterwerb zu werden, ist es grundsätzlich möglich, Existenzgründungsdarlehen zu beantragen. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass der Kapitaldienst für die Finanzierung trotz Nebenerwerbstätigkeit tragbar ist.

Lohnt sich das Ganze?

Um das zu erfahren, muss jedes Existenzgründungsvorhaben rechnerisch abgebildet werden.
Da die zeitliche Kapazität des Gründers begrenzt ist, wird sich die Selbständigkeit im Nebenerwerb meist nur dann lohnen, wenn zum einen der Kapitalbedarf z. B. für Investitionen sowie die laufenden Kosten möglichst gering gehalten werden.

Mitentscheidend ist außerdem die Anzahl der Stunden, die der Gründer für die Selbständigkeit aufbringen kann. Denn: Fixkosten fallen unabhängig davon an, ob viele oder wenige Stunden geleistet werden, haben aber Einfluss darauf, wie hoch der Fixkostensatz je Stunde ist.

Fazit

Mit einer Unternehmensgründung im Nebenerwerb kann man zunächst testen, ob das Geschäftsmodell funktioniert und ob man für die Selbständigkeit geeignet ist. Da es dem Nebenerwerbsselbständigen gelingen muss, mehrere Erwerbstätigkeiten miteinander in Einklang zu bringen, sind gutes Organisationstalent und Zeitmanagement unerlässlich. Gründer können mit ihrem Unternehmen und dessen Anforderungen wachsen. Anfängerfehler lassen sich leichter verkraften.

Wie auch andere Existenzgründer überschätzen Nebenerwerbsgründer häufig das realistische Umsatzpotential sowie die Hemmnisse in der Anlaufphase. Oftmals zu gering kalkuliert werden unproduktive Zeiten für Kundenberatung, Kalkulation, Buchhaltung, Steuern, Büroorganisation etc. - Zeiten, die der Kunde nicht direkt bezahlt.

Auch wenn das Risiko im Vergleich zum Haupterwerb geringer ausfällt, so ist jedem Nebenerwerbsgründer zu empfehlen, sich frühzeitig mit der Vorbereitung und Planung seiner Existenzgründung zu befassen. Nur wenn das Vorhaben gut durchdacht und geplant ist, gibt es im Nachhinein keine bösen Überraschungen.

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