443 < 2937

Wissens-ABC

Stolperstein Nummer 1: Sie planen zu wenig Zeit ein.

Bis zu einer Unterschrift des Nachfolgers auf einem Übergabevertrag ist es ein weiter Weg:

  • Ein Nachfolger muss zunächst einmal gefunden werden.
  • Der Betrieb muss eventuell für eine Übergabe optimiert werden.
  • Der Betrieb muss bewertet werden.
  • Ein Kaufpreis zwischen Übergeber und Übernehmer muss ausgehandelt werden.
  • Der Nachfolger muss die Finanzierung des Kaufpreises mit seiner Bank klären.
  • Die Mitarbeiter müssen rechtzeitig einbezogen werden, damit Sie sich nicht wegen zu großer Ungewissheit einen anderen Arbeitgeber suchen.
  • Die Kunden müssen informiert werden.
  • Es sind steuerliche und rechtliche Details zu beachten und vieles mehr.

Inhaber sollten daher mindestens fünf Jahre für eine Betriebsübergabe einplanen.

Nachfolger sollten für die konkrete Übernahme einen Zeitraum von ungefähr einem Jahr einplanen. In Situationen, in denen sich ein Nachfolger zunächst noch beruflich weiterqualifizieren muss, z. B. Meister, verlängert sich der Zeitraum entsprechend.

Stolperstein Nummer 2: Sie verkleinern den Betrieb vor der Übergabe.

In den nächsten Jahren stehen ungefähr 20 bis 25 Prozent der Handwerksbetriebe altersbedingt zur Übergabe an. Die Zahl geeigneter Nachfolger/innen reicht im Moment jedoch nicht für alle Betriebe aus: Im Schnitt werden nur drei von vier Betrieben, die eine/n Nachfolger/in suchen, auch eine/n finden. Für geeignete Nachfolger/innen bedeutet das, dass Sie aus mehreren Betrieben, die zur Übergabe anstehen, auswählen können. Inhaber/innen, die ihren Betrieb in den Jahren vor einer Übergabe verkleinern, indem Sie beispielsweise die Zahl ihrer Mitarbeitenden verringern, weniger Aufträge bearbeiten und Umsatz und Gewinn rückläufig sind, haben in diesem Umfeld eher das Nachsehen. Ein/e Nachfolger/in interessiert sich ja gerade deshalb für eine Übernahme, damit er/sie nicht wie bei einer Neugründung erst noch nach Mitarbeitenden und Kunden suchen muss. Ein/e Nachfolger/in, der/die die Wahl zwischen mehreren Betrieben hat, wird sich in der Regel für den Betrieb entscheiden, in dem bereits ein motiviertes Mitarbeiterteam aus Auszubildenden, Gesellen und eventuell sogar Meistern vorhanden ist. Sie sollten daher neben der Auftragslage und der Betriebsausstattung ganz besonders darauf achten, dass die Personalstruktur Ihres Betriebes ausgeglichen ist.

Stolperstein Nummer 3: Sie halten nicht aktiv nach einem/r Nachfolger/in Ausschau.

Eine Fachkraft hat ganz besonders heute die Wahl zwischen attraktiven Stellenangeboten und den Chancen sowie Herausforderungen einer Selbständigkeit. Das wirkt sich auf die Zahl potentieller Nachfolger/innen dahingehend aus, dass nicht alle Betriebe, die zur Übergabe anstehen, eine/n Übernehmer/in finden werden. Selbst familienintern sieht es nicht mehr üppig aus: Nur noch bei ca. 30 bis 40 Prozent erfolgt die Übergabe an ein Familienmitglied. Die Mehrzahl der Übergaben erfolgt außerhalb der Familie.

Auf eine/n Nachfolger/in zu warten und zu hoffen, dass jemand von außen aktiv auf den Betrieb zugeht, ist unter diesen Bedingungen nicht zu empfehlen. Sie sollten stattdessen frühzeitig unter ihren Mitarbeitenden Ausschau halten, ob jemand dabei ist, der das Potential besitzt und diese Angestellten entsprechend fördern. Wenn Sie Ihre Mitarbeitenden in deren beruflicher Entwicklung fördern und in Ihrem Betrieb außerdem ein gutes Betriebsklima herrscht, erhöht das die Chance, in diesem Kreis eine/n geeignete/n Nachfolger/in finden.
Und selbst wenn dies nicht der Fall ist, hat es sich dennoch gelohnt: Betriebe mit gut qualifizierten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind selbstverständlich auch sehr interessant für eine/n externe/n Nachfolger/in.

Stolperstein Nummer 4: Der Kaufpreis ist zu hoch.

Neben der Attraktivität Ihres Betriebes hinsichtlich der Personalstruktur, des Kundenstamms, der Betriebsausstattung oder des Produkt- und Leistungsspektrum, muss auch der Übergabekaufpreis angemessen sein. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang zwischen einer Betriebsbewertung, die beispielsweise Ihre Handwerkskammer für Sie erstellen kann und der tatsächlichen Kaufpreisfindung zwischen Übergeber und Übernehmer: Eine Betriebsbewertung ermittelt einen theoretischen Wert, der die Basis für die Kaufpreisverhandlung sein kann. Der Kaufpreis hingegen ist das Ergebnis der Kaufpreisverhandlung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer. Der Kaufpreis muss daher nicht identisch mit dem Bewertungsergebnis sein, sondern hängt von der Marktlage an Betriebsangeboten und der Anzahl potentieller Nachfolger/innen ab. Selbstverständlich kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an, aber im Schnitt über alle Gewerke und Betriebe übersteigt das Angebot an Betrieben die Nachfrage. Wenn Übergeber und Übernehmer sich nicht auf einen Kaufpreis einigen können, haben die Übergeber eher das Nachsehen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein/e potentielle/r Nachfolger/in einen anderen Betrieb findet, um dort seine Kaufpreisvorstellung durchzusetzen, ist größer, als dass ein Übergeber eine/n andere/n Nachfolger/in findet, der/die bereit ist mehr zu zahlen. Übergeber sollten daher Preisverhandlungen nicht abbrechen, nur weil die Kaufpreisvorstellungen zwischen Ihnen und einem/r potentiellen Nachfolger/in auseinanderliegen. Sofern Sie niemand anderen in Aussicht haben, der mehr zu zahlen bereit ist, sollten Sie weiter verhandeln und sich gegebenenfalls auch dem Kaufpreisangebot Ihres/r potentiellen Nachfolgers/in annähern.

Stolperstein Nummer 5: Sie können nicht loslassen.

Inhaber, die über viele Jahre ihren Betrieb mit viel Fleiß aufgebaut haben, können sich die Zeit nach der Betriebsübergabe manchmal nur sehr schwer vorstellen. Sie haben in den vielen zurückliegenden Jahren wegen betrieblicher Belange oft ihr Privatleben und ihre Hobbies hintenangestellt. Die viele Freizeit, die nach einer Übergabe auf den Inhaber zukommt, kann aus dieser Perspektive verständlicherweise etwas bedrohlich wirken.

Ohne sich der Ungewissheit über den neuen Lebensabschnitt wirklich bewusst zu sein, verschiebt so mancher Inhaber schlicht das Thema Übergabe von Jahr zu Jahr. Nicht loslassen zu können zeigt sich jedoch nicht nur im Vorfeld einer Übergabe sondern kann auch nach der Übergabe auftreten. Beispielsweise indem der Übergeber viele Jahre nach der Übergabe noch täglich im Blaumann durch die Werkstatt streift, um nach dem Rechten zu sehen. Mit dieser humorvollen Schilderung wollen wir Ihnen das tatsächlich ernste Thema bewusst machen: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und daher bringt jeder neue Lebensabschnitt unweigerlich auch Ängste und Befürchtungen mit sich. Schaffen Sie sich daher am besten schon ein paar Jahre vor der Übergabe zunehmend Freiräume, indem Sie Stück für Stück mehr Verantwortung an Ihre Mitarbeitenden übertragen. Wenn möglich, bauen Sie sich eine zweite Führungsebene auf. So können Sie sich bewusst die Zeit nehmen, die Sie brauchen, um zu lernen wie Sie Ihre zunehmende freie Zeit ausfüllen wollen. Auch Ihr/e Nachfolger/in wird davon profitieren, dass Sie Verantwortung delegieren, denn dadurch bleibt auch nach der Übergabe viel Knowhow im Betrieb.

Stolperstein Nummer 6: Ihnen fehlen die richtigen Partner für die Betriebsübergabe.

Selbstverständlich sind die wichtigsten beiden Voraussetzungen einer Übergabe, dass es auf der einen Seite einen attraktiven Betrieb gibt, der übergeben werden soll und auf der anderen Seite ein/e geeignete/r Nachfolger/in bereit ist, diesen Betrieb zu übernehmen. Doch damit ist es noch nicht getan: Damit eine Übergabe in trockene Tücher kommt, sind noch eine Vielzahl an rechtlichen und steuerlichen Hürden zu nehmen.

Hier eine kleine Auswahl der Fragen, die es in diesem Zusammenhang zu klären gilt:

  • Stille Reserven?
  • Asset Deal oder Share Deal?
  • Betriebsübergang nach § 613a BGB?
  • Ertragswert oder Substanzwert?
  • Notarieller Kaufvertrag?

Kurzum, eine Betriebsübergabe ist eine komplizierte Angelegenheit. Suchen Sie sich daher gute Partner für Ihre steuerlichen und rechtlichen Fragen.

Nutzen Sie die kompetente Beratung Ihrer Handwerkskammer.
Kommen Sie rechtzeitig auf uns zu.

 

Quelle Text und Bild: Handwerkskammer Ulm

zurück
powered by webEdition CMS